Skandal im ZDF: Cem Özdemir unterteilt Bevölkerung in Gute und Minderwertige
In der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ keilte der Landwirtschaftsminister Cem Özdemir gegen Medien, die sich zur Kritik gegen Grüne erdreisten. Doch das ist nicht alles: mit seiner Sprache knüpft er an finsterste Zeiten an – und zeigt, welche Schwierigkeiten er im Umgang mit Wahrheiten hat.
In der Sendung von Markus Lanz am 6. Juni kam es zu einem seltenen Ereignis: zu später Stunde ging ein kleiner Empfehlungsblock für bestimmte Medien über den öffentlich-rechtlichen Sender, präsentiert von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir persönlich. Eigentlich besprach die Runde das verkorkste Heizungsgesetz, wobei zwischen Özdemir und Gast Peter Altmaier von der CDU eine erstaunliche Harmonie herrschte. Vielleicht, weil der den früheren Wirtschaftsressortchef nicht attackieren wollte, redet sich der grüne Minister über Abwesende in Rage. Und zwar über Medien, die ihm nicht passen. Da gebe es „den Reichelt (…), Tichy, andere, die machen in der rechten Bubble was“, verkündete der Politiker unter heftigen Einsatz von Gestik: „Die erfinden irgendwas, die behaupten irgendwas, das muss nicht im Entferntesten wahrheitsgemäß sein.“ Früher sei das anders gewesen, da hätten die Bürger gesagt, „das ist so irre, ein normaler Mensch, der zivilisiert ist, der mit Messer und Gabel isst und eine Erziehung genossen hat, der lässt die Finger davon und muss sich anschließend die Hände waschen“ Heute aber sei „die Brandmauer zum Irrsinn massiv eingerissen“.
Warum Leute, die von etwas die Finger lassen, sich seiner Ansicht nach trotzdem hinterher die Hände waschen müssen, wurde aus der Suada ebenso wenig klar wie der Punkt, was eigentlich so Falsches behauptet hätte. Der Moderator unterließ es, um ein erhellendes Beispiel zu bitten. Dass Lanz auch ganz anders kann, lässt sich anschaulich und im direkten Kontrast in der Befragung an Thorsten Frei (CDU) in der vorangegangenen Sendung am 1. Juni sehen. Fest steht jetzt jedenfalls: Medien, die die Grünen kritisieren, sitzen hinter einer eigentlich nicht mehr existenten Brandmauer des Irrsinns. Und wer sie liest, gehört nicht zum zivilisierten Teil der Gesellschaft, es handelt sich also bestenfalls um minderwertige Existenzen, die buchstäblich nicht mit Messer und Gabel umgehen können. Dass ein Bundesminister die Bevölkerung nach ihrem Medienkonsum als entweder zivilisiert oder aussätzig aufteilt, kam bisher noch nicht vor. Damit schließt Özdemir unmittelbar an die ZDF-Mitarbeiterin Sarah Bosetti an, die vor einiger Zeit Demonstranten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen als „Blinddarm der Gesellschaft“ bezeichnete. Dabei handelt es sich zwar um lupenrein totalitären Jargon. Da er aber von der Seite der Wohlgesinnten kommt, bleibt der Empörungsbetrieb auch dieses Mal stumm. Ein Glück für die AfD übrigens, dass weder das eine noch das andere aus dem Mund eines ihrer Politiker kam. Es hätte wahrscheinlich glatt zu einer Verbotsforderung geführt.
Aber zurück zu dem grünen Politiker. Wenigstens im Nachhinein könnte er ja erläutern, was beispielweise an dem Bericht über seine Ehefrau erfunden war, die als Journalisten beim staatlichen Rundfunk zusätzlich noch ein Honorar aus der Kasse des Auswärtigen Amtes empfangen hatte. Und was falsch an den Recherchen von TE zu der Affäre Graichen. Versuchte der Ex-Staatssekretär etwa gar nicht, seinen Trauzeugen auf den Posten der Dena zu hieven – mit dem Ziel, die gelegentlich etwas widerborstige Agentur ganz auf grüne Ministeriumslinie zu trimmen? Versuchte er nicht, der Organisation, in der seine Schwester an führender Stelle saß, 600 000 Euro Fördermittel zuzuschanzen? Bestimmt die „Agora Energiewende“ etwa überhaupt nicht die Linien der grünen Regierungspolitik? Beschwerden und Hinweise aus dem Haus Özdemir nimmt TE gern entgegen. Eins muss TE zugeben: mit der Erfindungsgabe steht es dort gar nicht so gut. Jedenfalls veröffentlichte dieses Medium im Gegensatz zu der ARD bisher keinen Bericht über einen afrikanischen Wunderingenieur, der einen stromproduzierenden Fernseher zusammengebastelt hatte.
Und keine Meldung über 16.000 Tote der Atomkatastrophe von Fukushima. Und erklärte auch nicht – jetzt kommt die Partei des Brandmauerministers in Spiel – das Stromnetz zum Speicher wie Annalena Baerbock, und berichtete nicht von 9 Gigatonnen CO2, die angeblich jeder Deutsche pro Jahr ausstößt (wiederum Baerbock). Bei TE gab es keine Artikel über Atomstrom, der Netze verstopft (diverse Grüne), und keine Behauptung, neue Brennstäbe für Atomkraftwerke hätte Deutschland nur aus Russland beziehen können (Robert Habeck für die Bubble).
In früheren Zeiten bezeichnete Helmut Kohl den SPIEGEL als „Drecksblatt“. Aber er forderte nie, die Gesellschaft müsste eine „Brandmauer“ errichten, um seine Kritiker aus Hamburg aus der öffentlichen Debatte zu entfernen. Schon gar nicht hätte er über die SPIEGEL-Leser behauptet, sie gehörten nicht zu der zivilisierten Menschheit.
So etwas schafft erst ein autoritärer Grüner, der wild um sich schlägt, weil er merkt, dass es eben nicht genügt, Liebling der wohlmeinenden Medien zu sein. Auch mit deren Hilfe hält seine Partei die Wählerflucht nicht mehr auf.
Es klingt auf den ersten Blick merkwürdig, aber eben nur auf den allerersten Blick: Jemand kann durchaus behaupten, er „der Cem“, könne Cannabis bei sich anpflanzen – und trotzdem autoritärer und zwanghafter sein, als Kohl oder Franz Josef Strauß es je waren.
von Günther Strauß